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unidentified object / unidentifierbares Objekt

Schlittenartiges Objekt aus der Serie der unidentifierbaren Objekte - 2002


Die Idee von unidentifizierbaren Objekten


Die hier aufgeführte Idee, unidentifizierbare Gegenstände zu bauen und auszulegen entwickelte ich 1995 während einer Zeit, da ich auf dem Land bei Augsburg gelebt habe. Dabei faszinierte mich die Idee, für die möglichen Finder dieser Gegenstände einen kleinen Moment eines Wunders zu erschaffen.

Unidentifizierbare Gegenstände dieser Art sind in ihrer Gestalt, Funktion oder "Un-Funktion", Bauweise, Erscheinungsform, Zeit der Sichtbarwerdung im besten Falle nicht als etwas Verstehbares identifizierbar. Im Zusammenhang mit ihrem Fundort geben sie dem Finder ein Rätsel auf. Der unidentifizierbare Gegenstand vermeidet jegliche Hilfestellung, um sich selbst und seinen Standort zu erklären oder sich in ein Erkennungsmuster einordnen zu lassen. Der erstmalige Finder muss durch Zufall selbst an den Ort gelangen.

Es ist ein Merkmal unserer Medienzeit, dass wir höchst trainiert sind, Vorgänge, Zustände, Situationen und Gegenstände zu identifizieren und in ihrer Funktion und Bedeutung zu durchschauen. Die Entwicklung eines unidentifizierbaren Gegenstandes liegt daher am Rande des Unmöglichen, da allein schon jeder Gegenstand bei genauerer Untersuchung zumindest seine Materialbeschaffenheit offenbart oder auch durch seine Erscheinungsform an etwas ähnliches Bekanntes erinnert.

In meiner Idee geht es nun darum, durch einen ausgelegten Gegenstand für den Finder ein Höchstmaß an Unverständlichem hervorzurufen und dieses durch die Wahl des möglichen Fundortes noch zu verstärken, sei es auch nur für einen kurzen köstlichen Augenblick. Sind zumindest einige wenige Bestandteile für den Finder identifizierbar, so bleibt möglicherweise doch die Gesamtheit des Gegenstandes im Bezug zu ihrem Fundort im Unerklärbaren. Weder ein Hinweis noch ein Name kann Auskunft über die Herkunft des Fundstücks geben! Diese Gegenstände können groß oder klein, fahrbar oder fest installiert werden. Stundenweise oder auch Jahreweise. Die Montage und der Transport müssen ungesehen und heimlich durchgeführt werden, möglichst mit unerklärlichen Spuren, und gut vorbereitet sein. Stößt der Finder nun zufällig auf den Gegenstand, muss er unabdinglich einige Entscheidungen treffen: Soll er den Gegenstand wahrnehmen, anfassen, mitnehmen, jemandem zeigen, die Polizei oder Feuerwehr rufen, oder einfach so tun, als hätte er nichts gesehen. Wie wird er und nachfolgende Menschen den Gegenstand beschreiben. Welche Bedeutung wird ihm zugeordnet. Wie wird sich seine eigene Welt der Bedeutungsgebung auf diesen Gegenstand projizieren.
Das Zusammentreffen mit dem Gegenstand z.B. im Wald, am Rand einer Landstraße, im  Kofferraum des eigenen Autos ermöglicht immer eine besondere Qualität der Begegnung: Den Zufall oder die Überraschung. Das Wissen über die Existenz und den Standort eines aufgefundenen unidentifizierbaren Gegenstandes sowie das Erlebnis des Entdeckens wird sich in der näheren Umgebung herumsprechen. Entdeckungs- und Zeigebesuche können sich ergeben. Diskussionen über die Bedeutung des Gefundenen schließen sich an, Kommunikation kann sich entfalten. Hinzugezogene Militär-, Polizei-, oder Feuerwehrkräfte werden sich auf ihre jeweils gültigen Erklärungsmuster berufen und sehr kreativ sein. Während der Aufstellungszeit könnten unauffällige Anhörungen von Auswirkungen der Gegenstände stattfinden, z.B. in der Dorfkneipe, um die Auswirkungen in Erfahrung zu bringen.

Zu diesem Thema habe ich bisher fünf unidentifizierbare Gegenstände hergestellt. Sie wurden bisher nur zu Fotozwecken ausgelegt. Ich konnte mich nicht von ihnen trennen, vielleicht auch aus wirtschaftlichen Gründen. Schließlich habe ich lange an der Fertigstellung gearbeitet. Auch wollte ich dann wissen was mit dem Gegenstand passiert. Heimliche Methoden der Wegverfolgung wie z.B. ein Sprachsender oder eine eingebaute Videoübertragung lehnte ich als zu hinterhältig ab. Das passt nicht zu einem Wunder!

Robert Kessler 2002

 

Wichtig: Unidentifizierbare Gegenstände sind keine Kunstwerke, das wäre eine Identifizierung! Man weiß bestenfalls nicht, was das ist.